Als der junge René Rilke 1894 seinen ersten Gedichtband „Leben und Lieder. Bilder und Tagebuchblätter“ im kleinen Verlag Kattentidt veröffentlichte, war es ein zarter Anfang, getragen von der Unterstützung Valerie von David-Rhonfelds. Sie finanzierte das Werk, und René Rilke dankte es ihr mit einer Widmung – ein stilles Zeichen der Verbundenheit zwischen Dichter und Mäzenin.
Doch die Verse, die damals das Licht der Öffentlichkeit erblickten, waren für René Rilke selbst bald ein Grund zur Unruhe. Der junge Dichter, der sich schon früh nach Tiefe und Vollendung sehnte, empfand die Sammlung als unreif, als ein Werk, das nicht seinem wachsenden Anspruch genügte.
Viele Jahre später, am 7. Januar 1906, schrieb er an seinen tschechischen Übersetzer Zdeněk Broman Worte, die wie ein endgültiges Urteil klingen: „Die früheste Publikation ‚Leben und Lieder‘ ist ganz ohne Belang und, soviel ich weiß und hoffe, eingestampft zu werden.“ – als wolle er die Kerze löschen, bevor ihr Licht ihn länger begleite.
Die Grußkarte „Vibrant red Candle“, gestickt aus rotem Seidengarn, kann dieses Spannungsfeld aufnehmen:
- Das Leuchten der Kerze steht für den Anfang, das erste Aufflammen von Rilkes dichterischer Stimme.
- Das rote Seidengarn erinnert an die Widmung und die Dankbarkeit gegenüber Valerie – ein Faden der Verbundenheit.
- Das fragile Licht verweist zugleich auf Rilkes Zweifel: ein Feuer, das er selbst nicht weiter nähren wollte.
So verbindet die Karte das Bild einer brennenden Kerze mit der Geschichte eines Dichters, der sein erstes Werk als ungenügend empfand – ein Symbol für das paradoxe Zusammenspiel von Beginn und Verwerfung, Dank und Distanz.
So bleibt „Leben und Lieder“ ein paradoxes Zeugnis: ein Anfang, der zugleich ausgelöscht werden sollte. Ein Band, der durch Valerie von David-Rhonfelds Unterstützung möglich wurde, und doch von Rainer Maria Rilke selbst als Schatten seiner frühen Suche nach Ausdruck betrachtet wurde.
Quelle:
Vgl. Gunter Martens und Annemarie Fost-Martens: Rainer Maria Rilke, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2008, S. 16
