Wilhelm von Scholz, 1874 in Berlin geboren, trat ins Leben mit privilegiertem Hintergrund und einem Hang zur Literatur. Als Sohn des preußischen Finanzministers Adolf von Scholz war ihm der goldene Löffel ebenso vertraut wie das Notizbuch. Nach Studien in Berlin, Lausanne und Kiel promovierte er über Annette von Droste-Hülshoff – ein frühes Zeichen seiner Vorliebe für große Namen und poetische Tiefen.

Wilhelm von Scholz, porträtiert von Karl Bauer (vor 1916), Gemeinfrei

Sein Weg führte ihn von den Klassenzimmern des Konstanzer Gymnasiums über deutsche Bühnen bis in die Preußische Akademie der Künste, wo er 1926 Präsident der „Sektion Dichtkunst“ wurde. Lange hielt er es dort nicht aus – vielleicht war die Dichtung zu widerspenstig, vielleicht das Amt zu trocken.
Mit dem Nationalsozialismus arrangierte sich Scholz erstaunlich schnell. 1933 unterschrieb er gleich mehrere Loyalitätserklärungen, verfasste Hymnen und Durchhalteparolen, als gäbe es dafür Bonuspunkte. Sein Werk „Der harte Wille“ von 1943 lässt wenig Zweifel: „Krieg ist unser Leben. Wir wollen Krieg!“ – ein Satz, der heute eher als Mahnung denn als literarisches Glanzstück gelesen wird.
Besonders pikant: Sein früheres Drama „Der Jude von Konstanz“, einst gefeiert für seine humanistische Haltung, erklärte er später selbst für „historisch unreif“. Eine rhetorische Pirouette, die wohl weniger von Reue als von Selbstschutz zeugt.
Nach dem Krieg stufte man Wilhelm von Scholz in Westdeutschland als „Mitläufer“ ein – eine Kategorie irgendwo zwischen „nicht ganz unschuldig“ und „immerhin kein Goebbels“. Seine Stücke verschwanden aus dem Rampenlicht, doch in Konstanz blieb er eine lokale Größe. Die Stadt stiftete sogar einen Wilhelm-von-Scholz-Preis für Abiturienten – bis 1989, als man sich fragte, ob das wirklich eine gute Idee war.
Sein dichterisches Werk? Mystisch, okkult, historisch ambitioniert – und heute weitgehend vergessen. Wer sich durch „Perpetua“ oder „Theodor Dorn“ kämpft, verdient mindestens eine Goethe-Medaille. Apropos: Die erhielt Wilhelm von Scholz tatsächlich 1932, noch bevor er sich in der NS-Lyrik verewigte.

Wilhelm von Scholz starb 1969 in Konstanz. Sein Grab sollte 2008 eingeebnet werden, wurde dann aber unter Denkmalschutz gestellt – ein letzter Akt literarischer Milde.
Eine kleine Randnotiz: In Rainer Maria Rilkes autobiografischer Erzählung „Ewald Tragy“ taucht Wilhelm von Scholz als „von Kranz“ auf. Die beiden begegneten sich im Münchner Café Luitpold – ein Ort, an dem sich Literaturgeschichte und persönliche Begegnung kreuzten.

Die Grußkarte „Zauberleuchtturm“ deutet auf ein magisches, fast märchenhaftes Licht hin. Wilhelm von Scholz selbst liebte das Mystische und Okkulte in seiner Dichtung – doch sein Zauber war gebrochen, sobald er sich dem Nationalsozialismus verschrieb. Die Karte hält diese Ambivalenz fest: ein Leuchten, das zugleich Hoffnung und Warnung ist.

Und Rainer Maria Rilke wäre nicht Rilke gewesen, wenn er nicht über ihn ein Gedicht verfasst hätte:

Wilhelm und Irmgard von Scholz.

…. irgendwo muss es Paläste geben,
Drin die Fenster von Staub verschnein;
In der Säle hallende Reihn
Tauchen tote Tage hinein:
Gestalten wallen, es warnt der Schrein,

Und kein lustiger Leuchterschein
Reicht in das einsame Seltsamsein …

Dorten wollen wir Feste geben –
Märchenallein.

Dieser Text ist Gemeinfrei.


Quellen:

  • Vgl. Wikipedia (): Wilhelm von Scholz, zuletzt besucht am 05.10.2025 
  • Vgl. Gunter Martens und Annemarie Fost-Martens: Rainer Maria Rilke, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2008, S. 23
  • Rainer Maria Rilke: Advent, P. Friesenhahn Verlag – Leipzig 1898, S. 28