Rainer Maria Rilke schrieb das Gedicht Hat auch mein Engel keine Pflicht mehr“ im Kontext seiner frühen Auseinandersetzung mit dem Engelmotiv, das sich wie ein roter Faden durch sein Werk zieht. Der Engel ist bei Rainer Maria Rilke kein bloßes religiöses Wesen, sondern eine Gestalt zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem, zwischen Mensch und Transzendenz. Er verkörpert die Sehnsucht nach einer höheren Ordnung, aber auch die Erfahrung von Verlassenheit, wenn diese Ordnung nicht mehr spürbar ist.

Das Gedicht stellt die Frage, ob der Engel seine „Pflicht“ verloren hat – ob er den Dichter nicht mehr begleitet, nicht mehr schützt. Damit wird ein existenzielles Thema berührt: die Unsicherheit des Menschen, ob es eine geistige Instanz gibt, die ihn trägt. Rilkes Engel ist zugleich Hoffnungsträger und Spiegel der eigenen Einsamkeit.

Hat auch mein Engel keine Pflicht mehr

Hat auch mein Engel keine Pflicht mehr,
seit ihn mein strenger Tag vertrieb,
oft senkt er sehnend sein Gesicht her
und hat die Himmel nicht mehr lieb.

Er möchte wieder aus armen Tagen
über Wälder rauschendem Ragen
meine blassen Gebete tragen
in die Heimat der Cherubim.

Dorthin trug er mein frühes Weinen
und Bedanken, und meine kleinen
Leiden wuchsen dorten zu Hainen,
welche flüstern über ihm…

Dieser Text ist Gemeinfrei.

Die Grußkarte „Spiritueller Weihnachtsengel“ greift dieses Motiv auf eine bildhafte Weise. Der Engel hält eine Kerze – ein Symbol für Licht, Wärme und Orientierung in der Dunkelheit. Über ihm schwebt eine Weihnachtskugel an einem Tannenzweig, die das Fest der Hoffnung und die Gemeinschaft der Menschen evoziert. Während Rilkes Gedicht die Frage nach der Pflicht des Engels stellt, antwortet die Karte mit einem Bild der Beständigkeit: Der Engel bleibt, er trägt das Licht, er ist Teil eines Rituals, das jedes Jahr neu Hoffnung schenkt.

So entsteht eine Brücke zwischen Literatur und Bildkunst: Rilkes Engel, der im Zweifel steht, und der Weihnachtsengel, der mit Kerze und Kugel eine Gewissheit ausstrahlt. Beide verweisen auf die menschliche Sehnsucht nach Schutz und Sinn – einmal in der Sprache der Poesie, einmal im Symbol des Festes.

Angaben zur Grußkarte:
Engel, Kerze, Violett, Weihnachtskugel, Tannenzweig,Titel: Spiritueller Weihnachtsengel
Größe (B x H): ca. 10,5 x 14,8 cm
Ausstattung: Faltkarte: innen mit Leinenpapier (Möglichkeit eines persönlichen Grußes und ähnliches), weißer Briefumschlag aus Leinenpapier
1. Auflage: Oktober 2025

Materialverwendung und Herkunft (sofern ermittelbar):
Fäden allesamt aus 100% Seide (vermutlich Made in Germany), Karte aus 200g/m2 (Made in Austria), Notenschlüssel (Made in China),


Quelle:
Rainer Maria Rilke: Mir zur Feier. Engellieder, verlegt bei Georg Heinrich Meyer – Berlin 1899, S. 22