Zukunft in Staub geschrieben
Im Atelier in der Rue Notre-Dame-des-Champs herrscht ein leises Klingen von Werkzeugen, ein rhythmisches Pochen, das wie ein Herzschlag durch den Raum geht. Vier junge Bildhauerinnen arbeiten Seite an Seite, ihre Hände weiß vom Staub des Gipses, ihre Augen leuchtend vor Freude. Wortführerin ist Camille Claudel, geboren am 8. Dezember 1864, deren Energie und Scharfsinn die Gruppe zusammenhält wie eine unsichtbare Schnur.

Camille Claudel (1886), Gemeinfrei
An diesem Nachmittag, als die Sonne durch die hohen Fenster fällt und Staubkristalle wie kleine Sterne tanzen, öffnet sich die Tür einen Spalt. Ein streunender Hund tritt ein, zottelig, mit Augen, die mehr wissen, als sie zeigen. Er bleibt stehen, mustert die vier Frauen nacheinander, als wolle er prüfen, ob sie bereit sind für eine Botschaft. Schließlich richtet er seinen Blick auf Camille Claudel, bellt sie an – ein kurzer, rauer Laut, der wie ein Rätsel klingt.
Camille runzelt die Stirn, versteht nichts. Der Hund, als sei er ein Bote aus einer anderen Welt, kratzt mit seiner Pfote in den Staub auf dem Boden. Langsam erscheinen Worte:
„Du wirst dem Bildhauer Auguste Rodin begegnen, mehr noch, ihr werdet ein Liebespaar.“
Die vier Frauen starren auf die Schrift, ungläubig. Jessie Lipscomb schüttelt den Kopf, eine andere kichert nervös. Camille selbst wirft den Kopf zurück und lacht laut, ein helles, befreiendes Lachen, das den Raum erfüllt. „Ein Liebespaar mit Rodin, dem berühmten Bildhauer?“ – für sie in diesem Moment unvorstellbar, fast absurd.
Die Szene erinnert an die surreale Grußkarte „Empfängnis“: dort wird das Unfassbare, das noch nicht Gestalt hat, als Botschaft in die Welt gesetzt – ein Same, der im Inneren keimt, bevor er sichtbar wird. So wie die Karte das Geheimnis der Ankunft eines neuen Lebens feiert, so bringt der Hund im Atelier eine prophetische „Empfängnis“: die Ahnung einer Begegnung, die Camille Claudels Schaffen und ihr Schicksal prägen wird.
Die jungen Frauen im Staub des Ateliers empfangen diese Botschaft wie eine Vision, die sie noch nicht verstehen können. Ihr Lachen ist zugleich Abwehr und Öffnung – ein Moment, in dem das Surreale ins Alltägliche tritt, wie ein Gruß aus einer anderen Dimension.
Doch der Hund bleibt still, seine Augen spiegeln eine Ahnung, die über das Jetzt hinausweist. Er dreht sich um und verschwindet wieder durch die Tür, als hätte er nur kurz die Zukunft berührt.
Quelle:
Vgl. Wikipedia (₪): Camille Claudel, zuletzt besucht am 27.11.2025
Weiteres zum 8. Dezember:
1787: Der Bruder von Caspar David Friedrich, Johann Christoffer, starb im Alter von 12 Jahren. Er ertrank, weil er Caspar David Friedrich, der beim Eislaufen im Greifswalder Wallgraben eingebrochen war, vor dem Ertrinken und rettete ihm so das Leben. Caspar David Friedrich inspirierte mich zu den Grußkarten „Licht im Elbtal“, „Ostern im Greifswalder Bodden“, „Lindenblatt“, „Tannenbaum“, „Tannenbaum im Winter“ und „Zwei Engel betrachten einen Baum“.
1928: Dem niederländischen Grafiker M. C. Escher wurde sein zweiter Sohn, Arthur, geboren. Er inspirierte mich zu der Grußkarte „Schneeglöckchen“.
2003: In Österreich, in der Stadt Wien, endete die Retrospektive „Albrecht Dürer“ im Museum Albertino (vgl. „Weißdorn“).