Wann

Dezember 16, 2025    
Ganztägig

Veranstaltungstyp

Wilhelm von Scholz, geboren 1874 in Berlin, war ein Mann mit vielen Talenten – und noch mehr Anpassungsfähigkeit. Als Sohn des preußischen Finanzministers Adolf von Scholz begann er sein Leben mit einem goldenen Löffel und einem literarischen Notizbuch. Nach Studien in Berlin, Lausanne und Kiel promovierte er über Annette von Droste-Hülshoff – ein frühes Zeichen für seine Vorliebe für große Namen und lyrische Tiefe.

Wilhelm von Scholz, porträtiert von Karl Bauer (vor 1916), Gemeinfrei

Sein Weg führte ihn vom Konstanzer Gymnasium über die Bühnen Deutschlands bis in die Preußische Akademie der Künste, wo er 1926 Präsident der „Sektion Dichtkunst“ wurde – allerdings nur für zwei Jahre. Vielleicht war das Amt zu trocken, vielleicht die Dichtung zu widerspenstig.
Mit dem Nationalsozialismus arrangierte sich der Schriftsteller erstaunlich schnell. 1933 unterschrieb er gleich mehrere Loyalitätserklärungen, schrieb Hymnen, Gedichte und Durchhalteparolen, als gäbe es dafür Bonuspunkte. Sein Werk „Der harte Wille“ aus dem Jahr 1943 lässt wenig Zweifel: „Krieg ist unser Leben. Wir wollen Krieg!“ – ein Satz, der heute eher als Warnung, denn als literarisches Highlight gilt.
Sein früheres Drama „Der Jude von Konstanz“ – einst gefeiert für seine humanistische Darstellung – wurde später von ihm selbst als „historisch unreif“ abgetan. Eine rhetorische Pirouette, die wohl weniger mit Reue als mit Selbstschutz zu tun hatte.
Nach dem Krieg wurde Wilhelm von Scholz in Westdeutschland als „Mitläufer“ eingestuft – eine Kategorie, die zwischen „nicht ganz unschuldig“ und „aber immerhin kein Goebbels“ rangiert. Seine Stücke gerieten aus der Mode, doch in Konstanz blieb er eine lokale Größe. Die Stadt stiftete sogar einen Wilhelm-von-Scholz-Preis für Deutsch-Abiturienten – bis 1989, als man sich fragte, ob das wirklich eine gute Idee war.
Sein dichterisches Werk? Mystisch, okkult, historisch ambitioniert – und heute weitgehend vergessen. Wer sich durch „Perpetua“ oder „Theodor Dorn“ kämpft, verdient mindestens eine Goethe-Medaille. Apropos: Die bekam Wilhelm von Scholz 1932, lange bevor er sich in der NS-Lyrik verewigte.

Wilhelm von Scholz starb 1969 in Konstanz. Sein Grab sollte 2008 eingeebnet werden, wurde dann aber unter Denkmalschutz gestellt – ein letzter Akt der literarischen Milde.

Der Autor ist mir im Zusammenhang in der Auseinandersetzung mit Rainer Maria Rilke über den Weg gelaufen, konkret: in der autobiografischen Erzählung „Ewald Tragy“ und er wies ihm die Rolle „von Kranz“ zu. Getroffen haben sich die beiden im Münchner Café „Luitpold“.

Infos zur Grußkarte:

Hinweis: Die Erzählung „Ewald Tragy“ kann man bei () zeno.org nachlesen.


Quellen:

  • Vgl. Wikipedia (): Wilhelm von Scholz, zuletzt besucht am 05.10.2025 
  • Vgl. Gunter Martens und Annemarie Fost-Martens: Rainer Maria Rilke, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2008, S. 23