Wann

Dezember 6, 2025    
Ganztägig

Veranstaltungstyp

Bevor Rainer Maria Rilke überhaupt die Bühne des Lebens betrat, hatte seine Mutter bereits ein tragisches Kapitel geschrieben: eine Tochter, geboren und bald darauf verloren. Ob sie sich dem Schmerz stellte, wissen wir nicht, was wir wissen, ist, dass sie aus René einen Hauptdarsteller in ihrem Leben machte.
Denn was macht man, wenn man sich ein Mädchen wünscht und stattdessen einen Jungen bekommt? Genau: Man nennt ihn „Maria“.
Obgleich einige Autoren aus dem Tragen von Mädchenkleidern fast schon ein Skandal machen und es liegt ein Missverständnis vor: in jener Zeit war es üblich, dass Jungs in ihren ersten Lebensjahren Mädchenkleider trugen und so trug auch der kleine René Mädchenkleidung.
Zur Einschulung bekam René endlich einen „richtigen“ Jungenanzug – vermutlich trug er es mit dem gleichen Stolz, wie heutige Kinder ihr erstes Fahrrad präsentieren.
Während andere Kinder mit Bauklötzen spielten, lernte Rainer Maria Rilke früh, wie man mit gesellschaftlichen Erwartungen jongliert – und mit Eltern, die sich zunehmend voneinander entfernten. Ein Familiendrama in mehreren Akten, bei dem selbst William Shakespeare neidisch geworden wäre.

> Infos zur Grußkarte: Haus vom Nikolaus 


Quelle:
Gunter Martens und Annemarie Fost-Martens: Rainer Maria Rilke, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2008, S. 8