August Sauer – Der Mann, der Rilke salonfähig machte
Wenn du glaubst, Germanistik sei nur etwas für staubige Bibliotheken und überfüllte Fußnoten, dann hast du noch nichts von August Sauer gehört – dem österreichischen Literaturwissenschaftler, der nicht nur Bücher, sondern auch Dichterkarrieren zum Glänzen brachte.

August Sauer (Gemeinfrei)
Geboren am 12. Oktober 1855 in Wiener Neustadt, war August Sauer ein echtes Bildungswunder. Nach dem Abschluss am ehrwürdigen Schottengymnasium Wien (Matura 1873 – ganz ohne ChatGPT!) stürzte er sich in die Welt der Deutschen Philologie, Anglistik und Geschichte an der Universität Wien. 1877 promovierte er mit einer Arbeit über den Dramatiker Joachim Wilhelm von Brawe – ein Name, den man heute nur noch beim Literaturquiz hört.
Nach einem Studienaufenthalt in Berlin habilitierte er sich 1879 in Wien. Dann ging’s akademisch rund: Lemberg, Graz, und schließlich Prag, wo er 1892 den Lehrstuhl für Deutsche Sprache und Literatur an der Karl-Ferdinands-Universität übernahm. 1907/08 wurde er sogar Rektor.
Der Rilke-Entdecker
Jetzt wird’s spannend: Professor Dr. August Sauer war nicht nur ein Bücherwurm, sondern auch ein Talent-Scout. An der Prager Uni begegnete ihm ein junger Mann mit melancholischem Blick und poetischem Drang – Rainer Maria Rilke. Der Professor erkannte sofort: „Der Junge hat’s drauf!“ Und so wurde aus dem Professor ein Mentor, Türöffner und Salon-Gastgeber.
Er lud Rainer Maria Rilke in seinen Salon ein – nicht zum Tee, sondern zur literarischen Erleuchtung. Dort traf der junge Dichter auf Intellektuelle, die nicht bei Friedrich Schiller stehen geblieben waren. August Sauer vernetzte ihn mit Schriftstellerverbänden und förderte ihn, als wäre er der literarische Elon Musk seiner Zeit.
Als Rainer Maria Rilke 1899 seinen Gedichtband „Mir zur Feier“ veröffentlichte, widmete er ihn mit einem herzlichen Dank an „Herrn Prof. Dr. August Sauer für heimatliche Teilnahme“. Das ist Poesie für „Danke, dass du an mich geglaubt hast“.
Rainer Maria Rilke wollte sich sprachlich weiterentwickeln, zog 1896 nach München und folgte seinem Kumpel Emil Orlik – nicht etwa wegen des Oktoberfests, sondern wegen der deutschen Sprache. In einem Brief an August Sauer (vom 11. Januar 1914) erklärte er seine Flucht aus dem tschechisch-sprachigen Raum so
„Die unselige Berührung von Sprachkörpern, die sich gegenseitig unbekömmlich sind, hat ja in unseren Ländern dieses fortwährende Schlechtwerden der Sprachränder zur Folge.“
Mit anderen Worten: Sprachsalat macht schlechte Lyrik.
Ein Leben für die Literatur
August Sauer starb am 17. September 1926 in Prag, aber sein Einfluss lebt weiter. Er war Herausgeber von Werken u.a. von Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Ferdinand Raimund und Franz Grillparzer – also quasi der Spotify-Kurator der deutschsprachigen modernen Klassik.
Wenn Germanistik ein Rockkonzert wäre, dann wäre August Sauer der Mann am Mischpult – unsichtbar, aber entscheidend für den Sound. Und Rainer Maria Rilke? Der wäre der melancholische Frontmann mit lyrischem Soul.
> Infos zur Grußkarte: Candle in the Snow
Quellen:
- Wikipedia (₪): August Sauer, zuletzt besucht am 10.09.2025
- Gunter Martens und Annemarie Fost-Martens: Rainer Maria Rilke, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2008, S. 18, 22, 148