Worte gegen das Vergessen – Jakob Wassermanns Vermächtnis
Jakob Wassermann, geboren am 10. März 1873 in Fürth, war einer der produktivsten und populärsten Erzähler seiner Zeit. Als ältestes Kind des jüdischen Spielwarenfabrikanten Adolf Wassermann und seiner Frau Henriette (genannt Jette), geborene Traub, wuchs er in wechselnden Wohnungen auf – besonders prägend war das Anwesen Theaterstraße 17, das später auch Ruth Weiss (preisgekrönte Journalistin und Schriftstellerin) beherbergte. Der frühe Tod seiner Mutter im Jahr 1882 hinterließ tiefe Spuren, die sich in frühen Werken wie der Novelle „Schläfst du, Mutter?“ (1897) widerspiegeln.

Jakob Wassermann, porträtiert von Emil Orlik (1899), Gemeinfrei
Nach dem Abschluss der Königlichen Realschule in Fürth sollte Jakob Wassermann eigentlich Kaufmann werden, doch er brach seine Lehre in Wien 1889 ab, um Schriftsteller zu werden. Nach einem Jahr Militärdienst in Würzburg und einer ziellosen Wanderzeit ließ er sich in München nieder, wo er als Sekretär bei Ernst von Wolzogen arbeitete und Freundschaften mit Thomas Mann und Rainer Maria Rilke knüpfte. Der Verleger Albert Langen nahm ihn in die Redaktion des „Simplicissimus“ auf und veröffentlichte seine ersten Werke, darunter „Melusine“ (1896) und „Die Juden von Zirndorf“ (1897), eine Chronik über Shabbetaj Zvi und das jüdische Leben in Franken.
Ab 1897 schrieb er für die Frankfurter Zeitung, zog nach Wien und schloss sich dem Kreis Jung-Wien um Arthur Schnitzler an. 1901 erschien „Die Geschichte der jungen Renate Fuchs“ beim Berliner Verlag Samuel Fischer. Im selben Jahr heiratete er Julie Speyer, mit der er vier Kinder hatte. Neben Romanen verfasste er Essays wie „Die Kunst der Erzählung“ (1904), doch viele frühe Werke fanden wenig Resonanz. Erst mit „Caspar Hauser oder Die Trägheit des Herzens“ (1908) gelang ihm ein literarischer Durchbruch – wenn auch zunächst ohne kommerziellen Erfolg.
Der Erste Weltkrieg stürzte Jakob Wassermann in Zweifel. Seine Frau hinderte ihn an der Kriegsdienstmeldung. 1915 veröffentlichte er „Das Gänsemännchen“, eine Anklage gegen die geistige Enge des Kleinbürgertums. Nach dem Krieg erschien „Christian Wahnschaffe“ (1919), gewidmet seiner neuen Lebensgefährtin Marta Stross, geborene Karlweis. Mit ihr zog er nach Altaussee, wo 1924 ihr gemeinsamer Sohn Carl Ulrich (Charles) geboren wurde. Marta wurde 1926 seine zweite Frau und erste Biographin. In Altaussee pflegte er freundschaftlichen Umgang mit Hugo von Hofmannsthal.
In den späten 1920er Jahren erreichte der Schriftsteller Weltruhm mit Romanen wie „Der Fall Maurizius“ (1928), in dem der junge Etzel Andergast einen Justizirrtum aufdeckt. Die Fortsetzungen „Etzel Andergast“ (1931) und „Joseph Kerkhovens dritte Existenz“ (1934, postum) vertiefen dieses Gerechtigkeitsethos. Theodor Lessing lobte Jakob Wassermanns Engagement im Fall Halsmann und nannte „Der Fall Maurizius“ das „schönste aller Gerechtigkeitsbücher“.
Jakob Wassermann schrieb auch Biographien wie „Christoph Columbus“ (1929) und Essays über jüdische Identität, etwa „Mein Weg als Deutscher und Jude „(1921). 1933 wurde er von den Nationalsozialisten aus der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen, seine Bücher verbrannt und verboten. Dies bedeutete für ihn nicht nur materiellen Ruin, sondern auch das Scheitern seiner Hoffnung, mit Literatur eine friedlichere Welt zu schaffen.
Am 1. Januar 1934 starb Jakob Wassermann in Altaussee, verarmt und psychisch gebrochen. Robert Neumann vermutete, dass eine falsch durchgestellte Telefonverbindung – Jakob Wassermann wollte einen Vorschuss von 2000 Reichsmark erbitten – zu seinem tödlichen Schlaganfall beigetragen habe. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Altaussee.
Seine Privatbibliothek mit 2800 Bänden wurde 1935 versteigert und gelangte über Umwege in die Stadtbibliothek Nürnberg, wo sie bis heute erhalten ist.
Seit 1993 verleiht die Stadt Fürth den Jakob-Wassermann-Literaturpreis. Jakob Wassermanns Vermächtnis lebt weiter – als literarisches Zeugnis einer Epoche, als Mahnung gegen Ungerechtigkeit und als Stimme eines Autors, der nie aufhörte, an die Kraft der Erzählung zu glauben.
Infos zur Grußkarte:
Quellen:
- Vgl. Wikipedia (₪): Jakob Wassermann, zuletzt besucht am 05.10.2025
- Vgl. Gunter Martens und Annemarie Fost-Martens: Rainer Maria Rilke, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2008, S. 23 ff.