Wann

Dezember 12, 2025    
Ganztägig

Veranstaltungstyp

Wenn man an Ritter denkt, kommen einem Schwerter, Drachen und Burgfräulein in den Sinn. Aber Jaroslav Ritter Rilke von Rüliken tauschte das Schwert gegen das Gesetzbuch und kämpfte nicht gegen Drachen, sondern gegen bürokratische Windmühlen – mit erstaunlichem Erfolg.

Jaroslav von Rilke: Paragraphenritter mit Theaterflair (Gemeinfrei)

Geboren am 29. März 1833 in Svébořice, einem Ort, den man heute vermutlich googeln muss, war Jaroslav Rilke der Sohn eines Herrschaftsbeamten. Früh zeigte sich sein Talent für Recht und Ordnung – nicht im Sinne von „Zimmer aufräumen“, sondern im juristischen Sinne. Nach dem Gymnasium in Prag studierte er Rechtswissenschaften an der Karls-Ferdinand-Universität und legte 1855 das Staatsexamen ab. Zwei Jahre später war er bereits Doktor der Rechtswissenschaften. Schnell, effizient – ein Mann, der wusste, wie man Karriere macht.

1860 wurde er Notar in Sedlice, doch Prag rief – und Jaroslav Rilke folgte. Dort gründete er die „Tschechische Notarkammer“ und organisierte 1872 einen Notarkongress, der vermutlich spannender war, als es klingt. Für seine Verdienste erhielt er den Orden der „Eisernen Krone“ – ein Accessoire, das jedem Lebenslauf Glanz verleiht.
1873 wurde er vom Kaiser höchstpersönlich zum Ritter geschlagen. Voilà: Jaroslav Ritter Rilke von Rüliken. Klingt wie ein Charakter aus einem historischen Roman, war aber Realität.

Ab 1876 mischte er in der tschechischen Woiwodschaftsversammlung mit – gewählt, wiedergewählt, und nochmal wiedergewählt. Als deutscher Liberaler war er Teil der Konstitutionellen Partei, die sich gegen die autonomen Bestrebungen nichtdeutscher Nationalitäten stellte (vgl. Prag um 1875). In der Versammlung war er ein Ausschuss-Multitalent: Hypothekenbank, Kommunalfragen – Jaroslav von Rilke war überall.
Und als wäre das nicht genug, war er auch Vorsitzender der Eisenbahn Ústí-Teplice, im Kuratorium der Česká spořitelna und Mitgründer des Deutschen Mädchenlyzeums in Prag. Ach ja, und im Deutschen Theaterverein war er auch aktiv. Ein Mann mit vielen Hüten – juristisch, politisch und kulturell.

1862 heiratete er Malvine von Schlosser, Tochter eines Politikers. Leider starben seine beiden Söhne jung, und mit seinem Tod am 12. Dezember 1892 endete auch der Rittertitel. Sein jüngerer Bruder Josef erbte weder Titel noch Adel – und damit auch nicht dessen Sohn, der berühmte Dichter Rainer Maria Rilke.

Jaroslav und Rainer Maria Rilke

Wie in „Willkommen im Rilke’schen Familienrat“ beschrieben, handelte Jaroslav Rilke hinsichtlich seines Neffen Rainer nicht uneigennützig, er war großzügig, keine Frage und dennoch sollte man dahinter ein großes ABER setzen. Rainer Maria Rilke erfüllte die Bedingung seines Onkels und schrieb sich in Prag im Wintersemester 1895 / 1896 an der Universität ein, studierte zunächst Kunst- und Literaturgeschichte sowie Philosophie, wechselte dann jedoch offiziell in die juristische Fakultät.

Nachdem Tod von Jaroslav Rilke bezahlen seine beiden Töchter widerwillig die versprochenen monatlichen 200 Gulden weiter. Dieses Geld wird ihm mindestens bis einschließlich 1901 bezahlt.

Würdigung

Sein Heimatdorf Svébořice und die Stadt Rokytnice ernannten ihn zum Ehrenbürger. Und das völlig zurecht: Jaroslav Rilke war ein Mann, der Paragraphen lebte, Politik gestaltete und Kultur förderte – mit einem Adelstitel, der klang wie aus einem Märchenbuch.

> Infos zur Grußkarte: Blüte des Lebens 


Quellen:

  • Vgl. Wikipedia, tschechisch (): Jaroslav von Rilke, zuletzt besucht am 10.09.2025
  • Vgl. Gunter Martens und Annemarie Fost-Martens: Rainer Maria Rilke, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2008, S. 14, 18, 22, 52